Gerätetraining
Stand: 10/2024

PT Gerätetraining

Die gerätegestützte Krankengymnastik ist eine aktive Behandlungsform der Physiotherapie. Ziel ist es, nach erfolgter ärztlicher Diagnose und ausgestellter Heilmittelverordnung an medizinischen Trainingsgeräten und Zugapparaten Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Neben typischen Geräten wie Universalseilzügen, Funktionsstemmen, Vertikalzügen, Winkeltischen, Sprossenwänden und Rumpfhebern gehören dazu auch einfache Übungsgeräte wie Gymnastikbänder, Gymnastikbälle, Keulen, Stäbe, Therapiekreisel und Gymnastikhocker.

Beim Umgang mit den Geräten wie auch beim Vorbereiten und Anleiten entstehen dabei auch Gefährdungen für die behandelnden Physiotherapeuten und -therapeutinnen.

Diese Gefährdungen gilt es im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu identifizieren und mithilfe ausgewählter Schutzmaßnahmen zu minimieren. Dabei können die in diesem Artikel genannten Hinweise als Grundlage dienen. Die Kommunikation an die Beschäftigten erfolgt unter anderem über Arbeits- oder Betriebsanweisungen, die auch für die vorgeschriebenen Unterweisungen eingesetzt werden können – bei Aufnahme einer Tätigkeit, bei größeren Änderungen sowie regelmäßig wiederkehrend (mindestens jährlich).

Auch außerhalb der Unterweisungen sollte ein ständiger Austausch mit den Beschäftigten stattfinden bezüglich möglicher Verbesserungen der Arbeitsbedingungen (zum Beispiel erkannte Gefährdungen, Schichtzeiten, Pausen, Weiterbildungsmöglichkeiten).

Sichere und gesunde Arbeitsumgebung

Wie bei allen Arbeitsplätzen muss der Arbeitsplatz gemäß der Arbeitsstättenverordnung ein angemessenes Raumklima und eine für den jeweiligen Einsatzzweck ausreichende Beleuchtung aufweisen – zum Beispiel 200 Lux für Trainingsflächen. Für Lagerräume gelten 100 Lux als ausreichend, während Behandlungsräume 300 Lux aufweisen sollten. Trainingsräume sollten über ausreichende Belüftungsmöglichkeiten verfügen. Dabei ist eine natürliche Lüftung einer künstlichen vorzuziehen. Gleichzeitig sollte darauf geachtet werden, die Beschäftigten keiner dauerhaften Zugluft auszusetzen. Fenster sollten leicht zu öffnen, gefahrfrei zu reinigen, gegen übermäßige Sonneneinstrahlung geschützt und mit einem Sichtschutz ausgestattet sein. Glastüren müssen in Augenhöhe deutlich gekennzeichnet sein. Weitere Hinweise zur Beschaffenheit von Fenstern und Türen finden Sie bei den bereichsübergreifenden Themen. Die Temperatur sollte idealerweise nicht über 24 Grad ansteigen. Sind höhere Temperaturen nicht vermeidbar, müssen nach den Vorgaben der ASR A3.5 “Raumtemperatur” Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Stolpern, rutschen, stürzen (SRS)

SRS-Unfälle stehen branchenübergreifend weit oben in der Unfallstatistik. Auch in Therapieräumen zum Gerätetraining sollte diesem Bereich deshalb eine besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden. Das beginnt mit der Beschaffenheit des Fußbodens, der mit einem rutschhemmenden Belag der Klasse R 9 ausgestattet sein muss. Auch sollte er schwellenfrei verlegt und möglichst stufenlos erreichbar sein. Herumliegende Trainingsgeräte oder Matten sowie Kabel stellen darüber hinaus mögliche Stolperfallen dar. Deshalb: Trainingsgeräte nicht in möglichen Laufwegen ablegen, nach Gebrauch immer sofort aufräumen sowie Kabel in Kabelkanälen verlegen oder sicher fixieren, zum Beispiel mithilfe einer dünnen Gummimatte. Die Pflege des Fußbodens sollte nach Herstellerangaben erfolgen und auf Reinigungs- und Wartungsarbeiten per Schild hingewiesen werden.

Beschaffung von Geräten 

Sicherheit beginnt bereits bei der Anschaffung von Trainingsgeräten. Deshalb sollten Faktoren wie Qualität, Ergonomie, Gebrauchstauglichkeit und natürlich Sicherheit immer wichtige Kriterien bei der Beschaffung darstellen. Eine Hilfe kann sein, auf Qualitätssiegel wie das GS-Zeichen oder das GUV-Test-Zeichen zu achten. Sinnvoll ist auch, die Erfahrungen der Beschäftigten in Beschaffungsentscheidungen einfließen zu lassen.

Nähere Informationen zu den genannten Test-Verfahren finden Sie auf der DGUV-Seite “Konformitätsbewertung von Produkten”.

Montage von Geräten 

Auch wenn es banal klingt: Beim Aufstellen neuer Geräte ist unbedingt die Montageanleitung zu beachten, auch wenn sich vieles scheinbar „von selbst“ oder intuitiv zu erklären scheint. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Standsicherheit bzw. zum Beispiel bei Sprossenwänden auf die Befestigung an der Wand zu lenken. Wichtig ist auch das Beachten von notwendigen Verkehrswegebreiten (auch beim Gebrauch der Geräte) und Abständen zu anderen Trainingsgeräten. Auch hierzu finden sich in der Regel Hinweise in der Montageanleitung.

Faustregel für geeignete Mindestabstände zwischen Trainingsgeräten:

GeräteMindestabstände
Mehrere Ausdauergeräte

3 m

Mehrere Fitnessgeräte für verschiedene Muskelgruppen

3 m

Mehrere Seilzüge

1 m

Tabelle 1: Geeignete Mindestabstände zwischen Trainingsgeräten

Prüfungen

Nach der Erstmontage müssen alle eingesetzten Geräte regelmäßig geprüft werden – beginnend mit einer Sicht – und Funktionsprüfung vor jeder Benutzung. Fristen für die regelmäßigen Prüfungen werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt, auf deren Basis ein Prüf- und Wartungsplan für alle eingesetzten Geräte zu erstellen ist. Als Grundlage können Herstellerangaben oder die Angaben in den unten genannten DIN-Normen dienen, wobei die tatsächliche Beanspruchung zu berücksichtigen ist. Die Prüfungen müssen dokumentiert werden. Festgestellte Mängel sind sofort zu beheben, bevor das Gerät wieder zum Einsatz kommt. Während einfache kontinuierliche Prüfungen von den Beschäftigten durchgeführt werden können, müssen die grundlegenden regelmäßigen Prüfungen durch sogenannte „zur Prüfung befähigter Personen“ erfolgen. Die dafür notwendigen Qualifikationen ergeben sich zum Beispiel aus den Herstellerinformationen oder aus den unten genannten DIN-Normen.

Mechanische Einwirkungen

Eine der Hauptgefährdungen, die von Krafttrainingsgeräten ausgehen, sind mögliche mechanische Einwirkungen wie das Einklemmen und Quetschen, Anstoßen und Abschürfen. Das gilt insbesondere für Seilzüge und Funktionsstemmen (insbesondere beim Einstellen von Gewichten), aber auch für Hantelbänke (zum Beispiel beim Ablegen von Hanteln oder zugehörigen Hilfestellungen) und den Umgang mit Hantelscheiben (Ablegen und Befestigen auf Hantelstangen). Hier wirken zum Teil enorme Kräfte, die größere Verletzungen bedingen können.

Unfallfördernd sind vor allem Unachtsamkeit aufgrund von Routine sowie fehlerhafte Verhaltensweisen von Patientinnen und Patienten. Das sollte immer wieder ins Bewusstsein der Beschäftigten gerückt werden – beispielsweise im Rahmen von Unterweisungen.

Auch die unsachgemäße Lagerung von Trainingsgeräten kann zu entsprechenden Verletzungen führen – zum Beispiel durch Umkippen oder Herunterfallen. Deshalb ist auf eine entsprechende Ordnung in ergonomisch gestalteten Lagerräumen und auf Hantelständern zu achten. Dazu zählt auch, schwere Lasten gut erreichbar zu platzieren. Wichtig ist auch ein sorgsames und vorsichtiges Ablegen und Aufheben von Gewichten (und bei Bedarf Sichern) vor und nach der Nutzung.

Heben und Tragen

Verletzungen und Gesundheitsschäden durch den falschen Umgang mit schweren Gewichten stellen die zweite Hauptgefährdung neben den genannten mechanischen Gefährdungen dar. Beim Gerätetraining ist der Umgang mit Gewichten eher die Regel als die Ausnahme. Umso wichtiger ist das Anwenden richtiger Techniken zum Heben und Tragen.

Die wichtigsten Regeln in der Übersicht:

  • Lasten möglichst körpernah tragen
  • zum Heben die Kraft der Beine nutzen: breitbeinig in die Knie gehen und aus den Beinen heraus mit geradem Rücken und angespannten Rückenmuskeln hochdrücken (nicht im Stehen bücken und Last anheben)
  • Gewicht gleichmäßig verteilen, nicht einseitig tragen
  • bei längeren Transportwegen Last zwischendurch absetzen
  • besser mehrmals gehen als zu viel Gewicht auf einmal tragen
  • rückengerechte Körperhaltungen einnehmen (Einbeinkniestand, Kniestand, Sitzen statt bücken)
  • Drehbeugebewegungen und Zwangshaltungen vermeiden
  • Detaillierte Erläuterungen finden sich zum Beispiel auf der Infoseite der BGW “Clever heben und tragen” sowie bei den Leitmerkmalmethoden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAua).

Besondere Regeln gelten für schwangere Beschäftigte: sie dürfen nur gelegentlich (1 bis 2-mal pro Stunde) Lasten heben oder befördern und dann auch nur maximal zwischen 5 und 10 kg.

Infektionsgefahren und Gefahrstoffe

Die zwangsläufige körperliche Nähe der Patienten und Patientinnen erfordert eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Geräte. Diese sollte integraler Bestandteil der vorhandenen Reinigungs-, Desinfektions-, Hygiene- und Hautschutzpläne sein.

Die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen beim Reinigen und Desinfizieren finden Sie auf den Sicherheitsdatenblättern der verwendeten Mittel. Zusätzliche Informationen enthalten die “Bausteine Gefahrstoffe” der BGW.

Bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einer luftübertragbaren Infektionserkrankung (z.B. durch Erkältungs-, Grippe- oder Coronaviren) können weitere Schutzmaßnahmen wie etwa das Tragen einer Atemschutzmaske erforderlich sein. Auch das regelmäßige gründliche Lüften oder der Einsatz professioneller Luftreinigungsgeräte zählen zu den möglichen Schutzmaßnahmen. Details sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu beurteilen.

Zu den beachtenswerten Gefahrstoffen zählen zum Beispiel auch Chlortabletten, die gemäß Wartungsplan zum Sauberhalten des Wassers in manchen Rudergeräten benötigt werden. Hier sollten Produkte mit möglichst geringem Gefährdungspotential (Substitutionsprüfung) zum Einsatz kommen. Bei Nichtbeachtung der zugehörigen Gebrauchsanleitung bzw. der Gefährdungsbeurteilung (zum Beispiel Verwendung von Schutzhandschuhen) können auch sie die Haut angreifen.

Lärm

Zwar ist nicht zu erwarten, dass beim Gerätetraining dauerhaft die geltenden Lärmgrenzwerte überschritten werden, trotzdem können zum Beispiel auf den Boden fallende Hanteln oder das Aufeinanderschlagen von Gewichten beim Loslassen von Seilzügen sehr laute und unangenehme Geräusche verursachen. Deshalb sollte dieser Punkt beim Anleiten der Patientinnen und Patienten mit genannt und auch von den Therapeutinnen und Therapeuten beachtet werden.

Anforderungen an einzelne Trainingsgeräte

Spezifische Hinweise zu einzelnen Trainingsgeräten und ihren Komponenten, wie zum Beispiel mögliche Quetsch- und Scherstellen, rotierenden Teilen, Belastbarkeiten, Standsicherheit und zu Prüfverfahren für verschiedene Bestandteile werden ausführlich in spezifischen DIN-Normen behandelt. Einen Überblick über die einzelnen Normen bietet die folgende Tabelle 2.

ThemaNorm
AllgemeinDIN EN 17229
„Fitness-Studios – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb – Operative und betriebliche Anforderungen“ (hat DIN 33961-1 abgelöst)
DIN EN ISO 20957-1
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 1: Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN 33961-1
„Fitness-Studio – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb – Teil 1: Grundlegende Anforderungen“
Herz-KreislaufDIN 33961-2
„Fitness-Studio – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb – Teil 2: Gerätegestütztes Herz- und Kreislauftraining“
DIN EN 957, Teil 6
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 6: Laufbänder, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN 20957-5
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 5: Stationäre Trainingsfahrräder und Kurbel-Trainingsgeräte für den Oberkörper, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
ISO 20957-6
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 6: Laufbänder, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
 
DIN EN ISO 20957-7
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 7: Rudergeräte, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN ISO 20957-8
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 8: Stepper, Treppensteiggeräte und Climber – Zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN 20957-9
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 9: Ellipsen-Trainer, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN 20957-10
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 10: Trainingsfahrräder mit starrem Antrieb oder ohne Freilauf – zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
GruppentrainingDIN 33961-3
„Fitness-Studio – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb – Teil 3: Gruppentraining“
Gerätegestütztes KrafttrainingDIN 33961-4
„Fitness-Studio – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb – Teil 4: Gerätegestütztes Krafttraining“
DIN EN 957, Teil 4
„Kraft-Trainingsbänke, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN ISO 20957-2
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 2: Kraft-Trainingsgeräte, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
DIN EN ISO 20957-4
„Stationäre Trainingsgeräte – Teil 4: Kraft-Trainingsbänke, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
EMS-TrainingDIN 33961-5
„Fitness-Studio – Anforderungen an Studioausstattung und -betrieb Teil 5: Elektromyostimulationstraining (EMS-Training)“

Tabelle 2: DIN-Normen zu einzelnen Trainingsgeräten

Personalanforderungen

Nur staatlich anerkannte Physiotherapeuten und -therapeutinnen mit einer speziellen Fortbildung dürfen physiotherapeutisches Gerätetraining anleiten. Unter dieser Voraussetzung dürfen sie bis zu drei Patientinnen oder Patienten gleichzeitig betreuen. Anleitungen durch Diplomsportlehrerinnen und -lehrer oder Hilfskräfte sind damit nicht zulässig.

Webcode: w239