Versand von Patientenproben
Stand: 10/2013

OP Versand von Patientenproben

Von Patienten entnommene Proben, wie z.B. Ausscheidungsstoffe, Sekrete, Blut und Blutbestandteile, Gewebe und Abstriche von Gewebsflüssigkeit sowie Körperteile müssen häufig zu Diagnose-, Untersuchungs-, Behandlungs- oder Vorsorgezwecken in ein Labor transportiert werden.

Liegt das Labor außerhalb der Einrichtung so werden üblicherweise Kurier- oder Paketdienste beauftragt, die die Patientenproben anschließend über öffentliche Verkehrswege (z.B. Straßen) befördern.

Nicht immer sind diese Transporte frei von Risiken, denn von vielen Proben geht eine Infektionsgefährdung aus. Rechtsverbindliche Vorgaben zur Beschaffenheit und Kennzeichnung der Transportverpackungen sorgen dafür, dass ein sicherer Transport gewährleistet wird. Die Versandstücke müssen dabei durch geeignete Mittel (z.B. Transportschutzkisten, rutschhemmende Unterlagen) so gesichert sein, dass eine Bewegung während der Fahrt verhindert wird.

Nachfolgend werden die im Europäischen Abkommen vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) sowie die im Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) und der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) enthaltenen Regelungen zum Probentransport kurz dargestellt. Dreh und Angelpunkt ist dabei die von den jeweiligen Proben ausgehende Ansteckungsgefahr:

Das Gefahrgutrecht bezeichnet als ansteckungsgefährlich alle Stoffe, von denen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger enthalten. Wobei unter Krankheitserregern Mikroorganismen (einschließlich Bakterien, Viren, Rickettsien, Parasiten und Pilze) und andere Erreger wie Prionen, die bei Menschen oder Tieren Krankheiten hervorrufen können, verstanden werden.

Maßgeblich für die Wahl der richtigen Verpackung für den Probenversand ist

  • die Höhe der Wahrscheinlichkeit, dass die Probe Krankheitserreger enthält
  • die Art der vermuteten Krankheitserreger.

Kategorien

Bevor eine Patientenprobe versendet werden kann, muss sie mit Blick auf die möglicherweise von ihr ausgehenden Gefahren eingestuft werden.

Zunächst ist daher eine fachliche Beurteilung (i.d.R. durch den zuständigen Arzt) - am besten anhand der Anamnese und der Symptome des erkrankten Patienten - durchzuführen, um einzuschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Probe Krankheitserreger enthält und welche dies sein könnten.

Anschließend muss die Probe einer der drei folgenden Kategorien zugeordnet werden:

Kategorie A

Stoffe, die in einer solchen Form befördert werden, dass sie bei einer Exposition bei sonst gesunden Menschen oder Tieren eine dauerhafte Behinderung oder eine lebensbedrohende oder tödliche Krankheit hervorrufen können, müssen der gefahrgutrechtlichen Kategorie A und der UN-Nummer 2814 „Ansteckungsgefährlicher Stoffe, gefährlich für Menschen“ bzw. UN-Nummer 2900 „Ansteckungsgefährlicher Stoffe, nur gefährlich für Tier“ zugeordnet werden. Hierzu findet sich im Gefahrgutrecht eine entsprechende indikative Liste (Abs. 2.2.62.1.4.1).

Die in Deutschland relativ selten auftretenden Stoffe der Kategorie A dürfen nur in einer speziellen Verpackung (Verpackungsanweisung P 620) unter Einhaltung strenger Schutzmaßnahmen (z.B. Sicherungspflichten) befördert werden.


Nachfolgend einige Beispiele für die Sicherungspflichten:

  • Erstellung eines Sicherungsplans (Einzelheiten sind in Kapitel 1.10.3.2.2 des ADR beschrieben)
  • Unterweisung bzw. Schulung des Personals unter Hinweis auf eine möglicherweise missbräuchliche Verwendung der Proben durch Dritte
  • Übergabe der Proben nur an Beförderer bzw. Fahrer, deren Identität zuvor festgestellt worden ist (z.B. Personalausweis, Führerschein)
  • Fahrer soll Zündschlüssel bei Fahrtunterbrechung abziehen; Fahrzeug abschließen, wann immer dies angebracht scheint – auch, wenn der Fahrzeugführer das Fahrzeug nur zum Bezahlen nach dem Tanken oder für kurze Auslieferungen verlässt.
  • Fahrer sollte bei Verzögerungen, Änderungen oder anderen Lieferschwierigkeiten Kontakt mit dem versendenden Labor aufnehmen.

Weitere Maßnahmen werden unter anderem im „Leitfaden zur Umsetzung der gesetzlichen Sicherungsbestimmungen für die Beförderung gefährlicher Güter“ der Verbände BGL, DSLV, VCH, VCI, VDV und VPI aus dem Jahre 2009 beschrieben, der als Hilfe zur Umsetzung der Vorschriften für die Sicherung und zur Erstellung der Sicherungspläne entwickelt wurde.

Umfassende Informationen zum Transport solcher Proben vermittelt das Robert-Koch-Institut, beispielsweise über seine Website.

Kategorie B

Stoffe, die den Kriterien für eine Aufnahme in die Kategorie A nicht entsprechen, sind der Kategorie B zuzuordnen. Die weitaus größte Zahl an Proben entspricht dieser weniger gefährlichen Kategorie. Beispiele hierfür sind z.B. Patientenproben, die HIV-Erreger, Hepatitis-Erreger oder auch MRSA-Bakterien enthalten.

Proben der Kategorie B müssen der UN-Nummer 3373 „BIOLOGISCHER STOFF, KATEGORIE B“ (nur für den internationalen Transport auch: „BIOLOGICAL SUBSTANCE, CATEGORY B“) zugeordnet werden und nach den Vorgaben der Verpackungsanweisung P 650 verpackt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Stöße und Belastungen, die unter normalen Beförderungsbedingungen auftreten, zu einer Freisetzung des Inhalts führen. Bei Lufttransporten ist die Verpackung entsprechend der Anweisung PI 650 auszuführen (Volumen des Innengefäßes auf 1 Liter für flüssige Stoffe bzw. 4 kg Gesamtgewicht für feste Stoffe beschränkt).

Die Verpackung muss grundsätzlich immer aus den folgenden drei Teilen bestehen:

  • Primärgefäße: Dies sind zum Beispiel flüssigkeitsdichte Probenröhrchen mit Schraubkappen.
  • Sekundärverpackungen: Sie sind nach außen hin dicht verschlossen. In ihrem Inneren sind sie mit Polstermaterial gefüllt, so dass die Primärgefäße beim Transport nicht gegeneinander schlagen und beschädigt werden können. Falls ein oder mehrere Primärgefäße mit flüssigem Inhalt in einer Sekundärverpackung eingesetzt werden, muss ausreichend flüssigkeitsabsorbierendes Material beigefügt werden, um die gesamte Flüssigkeitsmenge im Falle eines Bruchs oder einer Undichtigkeit aufnehmen zu können.
  • Außenverpackung: Die kistenförmige Verpackung (Mindestabmessung einer Fläche der Verpackung von 100 x 100 mm) muss den Stößen und Belastungen standhalten, die unter normalen Transportbedingungen auftreten können.

Die Verpackungsanweisung P 650 verlangt, dass entweder die Sekundär- oder die Außenverpackung starr sein muss.

Das vollständige Versandstück muss die Fallprüfung aus einer Höhe von 1,20 m erfolgreich bestehen.

Beim Versand von Trockeneis-gekühlten Proben ist außerdem zu beachten, dass von Trockeneis unter ungünstigen Bedingungen (größere Mengen im geschlossenen Raum) eine Erstickungsgefahr ausgehen kann. In Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungbeurteilung müssen daher ggf. die im Abschnitt 5.5.3 des ADR beschriebenen Anforderungen zusätzlich erfüllt werden.

Wenn gefährliche Güter der Klasse 3 (entzündbare flüssige Stoffe), der Klasse 8 (Ätzende Stoffe) oder der Klasse 9 (Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände) in Mengen von mehr als 30 ml je Primärgefäß verpackt werden, sind zusätzlich zur Verpackungsanweisung P 650 die jeweiligen gefahrgutrechtlichen Regelungen für die Klasse zu beachten.

Die Hersteller und nachfolgenden Verteiler von Verpackungen sind verpflichtet, dem Anwender klare Anweisungen für das Befüllen und Verschließen der Versandstücke zu liefern.


Freigestellte medizinische Proben

Patientenproben, bei denen eine minimale Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie Krankheitserreger enthalten, können bei Einhaltung geringer Verpackungsanforderungen als freigestellte medizinische Proben ohne Angabe einer UN-Nummer versendet werden. Die Verpackung muss - ähnlich wie eine Verpackung für Proben der Kategorie B - dreiteilig aufgebaut sein und jegliches Freiwerden des Inhalts wirksam verhindern können. Jedoch müssen weder Sekundär- noch Außenverpackung starr sein.

Die Verpackungen müssen mit dem Aufdruck „FREIGESTELLTE MEDIZINISCHE PROBE“ versehen sein (nur für den internationalen Transport auch: „EXEMPT HUMAN SPECIMEN“).

Beispiele für freigestellte medizinische Proben sind:

  • Blut- oder Urinproben zur Kontrolle des Cholesterin-Spiegels, des Blutzucker-Spiegels, des Hormon-Spiegels oder prostataspezifischer Antikörper (PSA)
  • Erforderliche Proben zur Kontrolle der Organfunktionen, wie Herz-, Leber- oder Nierenfunktion, von Menschen mit nicht ansteckenden Krankheiten oder zur therapeutischen Arzneimittel-Kontrolle
  • Für Versicherungs- oder Beschäftigungszwecke entnommene Proben mit dem Ziel, Drogen oder Alkohol festzustellen
  • Schwangerschaftstests
  • Biopsien zur Feststellung von Krebs (zum Beispiel Schnellschnitte)
  • Proben zum Nachweis von Antikörpern in Menschen ohne Infektionsverdacht (zum Beispiel Bewertung einer durch einen Impfstoff herbeigeführten Immunität, Diagnose einer Autoimmunerkrankung)

In der betrieblichen Praxis fällt es dem verantwortlichen ärzlichen Personal meist schwer, eine fundierte Aussage darüber zu treffen, ob eine Patientenprobe keine oder nur sehr wenig Krankheitserreger enthält. Die meisten Einrichtungen greifen deshalb  sicherheitshalber auf Verpackungen zurück, die der Verpackungsanweisung P650 für Proben der Kategorie B entsprechen.

Wie gesagt gelten die vorgenannten Proben nur dann als freigestellt, wenn davon ausgegangen werden kann, dass lediglich eine minimale Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie Krankheitserreger enthalten. Das ist vor allem bei Drogen- und Alkoholtests zu bedenken. Auch das mögliche Vorhandensein von Hepatitis B- und C-Viren sollte berücksichtigt werden.

Nicht den Regelungen des Gefahrgutrechts unterliegen getrocknetes Blut, das durch Aufbringen eines Bluttropfens auf eine absorbierende Fläche gewonnen wird, oder Vorsorgeuntersuchungen (Screening-Tests) für im Stuhl enthaltenes Blut sowie Blut oder Blutbestandteile, die für Zwecke der Transfusion oder der Zubereitung von Blutprodukten für die Verwendung bei der Transfusion oder der Transplantation gesammelt wurden, sowie alle Gewebe oder Organe, die zur Transplantation bestimmt sind.

Bei Blutspendeaktionen gesammelte Proben können als nicht erkennbar infektiös eingestuft werden und geben somit ebenfalls keinen Anlass zur Annahme einer Ansteckungsgefahr. Sie sind - selbst, wenn sie zur Untersuchung auf Infektionsmarker bestimmt sind - ebenfalls von den Regelungen des Gefahrgutrechts ausgenommen. Eine Ausnahme stellen möglicherweise Eigenblutspender dar, da für diese Personengruppe die Auswahlkriterien für Blutspender nicht zwangsläufig anzuwenden sind. Zumindest für bekannt infektiöse Eigenblutspenden ist die Einstufung im Sinne des Gefahrgutrechts unvermeidlich.

Schulung von Beschäftigten, die die Proben für den Versand verpacken

Die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten ist für den Versand „normaler“ Patientenproben (i.d.R. Kategorie B) nicht erforderlich. Aus dem Gefahrgutrecht ist auch nicht ableitbar, dass das Personal, welches die Proben verpackt, unterwiesen bzw. geschult sein muss. Allerdings ist dies durchaus zu empfehlen, weil es letztendlich um Gefahrgut geht und die beteiligten Personen informiert sein müssen, wie die Verpackungsanweisung P 650 anzuwenden ist, damit die Proben sicher transportiert werden können. Die Schulung kann auch durch einen externen Gefahrgutbeauftragten im Hause durchgeführt werden. Die Arbeitsschutzunterweisungen, z.B. auf der Grundlage der Biostoffverordnung, bleiben hiervon unberührt.


Der Fahrer muss über den Inhalt des zu befördernden Versandstückes informiert werden und wissen, welche Schutzmaßnahmen z.B. im Falle einer ungewollten Freisetzung des Inhaltes der Sendung zu ergreifen sind. Dies ist besonders wichtig, wenn im Einzelfall - z.B. aus Zeitgründen - Fahrer mit Fahrzeugen eingesetzt werden, die normalerweise keine Patientenproben befördern (z.B. Taxifahrer).

Verantwortlich für die Wahl der richtigen Verpackung ist zunächst der Arzt, der die Einstufung in die Kategorie A, Kategorie B oder auch als freigestellte medizinische Probe vornehmen muss. Die Person, die schließlich die Proben versandfertig einpackt (z.B. die Arzthelferin) ist ebenfalls verantwortlich. Sowohl der Absender als auch der Fahrer müssen darauf achten, dass die Verpackungen keine Restanhaftungen beim Einladen in das Fahrzeug aufweisen. Verunreinigte Verpackungen dürfen nicht befördert werden.

Das Gefahrgutrecht und somit auch die beschriebenen Verpackungsvorgaben gelten für den Transport mittels zwei-, drei-, vier- oder auch mehrrädriger Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h wie z.B. Motorräder, PKW, Busse (auch Nahverkehr). Fahrräder und Fußgänger sind demnach von den Gefahrgutregeln ausgenommen; ebenso U-Bahnen und Straßenbahnen. Allerdings dürfen die Bahnen nicht als Schienenbahnen (z.B. Straßenbahn in Karlsruhe auf Gleisen der Deutschen Bahn) gelten.

Beim Transport innerhalb der Einrichtung, d. h. ohne Benutzung öffentlicher Verkehrswege, greifen die Regelungen des Gefahrgutrechts zwar nicht, jedoch müssen die allgemeinen Vorgaben der Gefahrstoffverordnung, der TRGS 525 und der TRBA 250 erfüllt werden. Generell müssen die Proben so verpackt sein, dass unter normalen Transportbedingungen keine Freisetzung des Probenmaterials erfolgen kann.

Bei der Verwendung von Formaldehyd-Lösungen mit einer Konzentration von mehr als 25 % handelt es sich um Gefahrgut, für das weitere Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben beachtet werden müssen. Üblicherweise wird das zu untersuchende Material jedoch in Lösungen mit einer geringeren Formalin-Konzentration (< 25%) versendet, so dass eine Einstufung nach Gefahrgutrecht nicht erforderlich ist. Unabhängig davon gelten die gängigen Sorgfaltspflichten beim Umgang mit Gefahrstoffen (z.B. Behälter dicht geschlossen). Auch formalin-getränkte Proben können bei unzureichender Tränkung noch Krankheitserreger enthalten. Die Transportbehältnisse müssen daher in den meisten Fällen den Anforderungen der Verpackungsanweisung P 650 genügen. Nur wenn lediglich eine minimale Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Probe Krankheitserreger enthält, kann sie als freigestellte Probe versendet werden.

Wenn Eis verwendet wird, ist dieses außerhalb der Sekundärverpackung, in der Außenverpackung oder in einer Umverpackung einzusetzen. Damit die Sekundärverpackungen sicher in ihrer ursprünglichen Lage verbleiben, sind Innenhalterungen vorzusehen. Die Außenverpackung oder die Umverpackung muss flüssigkeitsdicht sein.
Beim Versand von Trockeneis-gekühlten Proben ist außerdem zu beachten, dass von Trockeneis unter ungünstigen Bedingungen (größere Mengen im geschlossenen Raum) eine Erstickungsgefahr ausgehen kann.
Bei Verwendung von Trockeneis (Kohlendioxid, fest) gelten daher die Vorschriften im Abschnitt 5.5.3 des ADR. Die Verpackung muss so ausgelegt und gebaut sein, dass das Kohlendioxidgas entweichen kann, um einen Druckaufbau zu verhindern, der zu einem Bersten der Verpackung führen könnte; das Versandstück (die Außenverpackung oder die Umverpackung) muss mit der Aufschrift „Kohlendioxid, fest als Kühlmittel“ oder „Trockeneis als Kühlmittel“ versehen sein.

Bei der Verwendung von flüssigem Stickstoff zur Kühlung müssen die Vorschriften des Abschnitts 5.5.3 im ADR 2013 sowie der Verpackungsanweisung P 203 Absatz 6 beachtet werden. Verschlossene Kryo-Behälter müssen u. a. mit mindestens einer Druckentlastungseinrichtung ausgerüstet sein. Bei der Verwendung von flüssigem Stickstoff zur Kühlung müssen die Vorschriften des Abschnitts 5.5.3 im ADR 2013 sowie der Verpackungsanweisung P 203 Absatz 6 beachtet werden. Verschlossene Kryo-Behälter müssen u. a. mit mindestens einer Druckentlastungseinrichtung ausgerüstet sein.

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