Großes Team während Operation ©UK NRW | BGW
Stand: 10/2017

OP Ergonomie

Die Ergonomie im Operationsbereich (OP) eines Krankenhauses umfasst viele Aspekte gesundheitsgerechter Arbeitsverhältnisse. Spezifische Aspekte der Ergonomie werden auch in den Artikeln „Rückengefährdende Tätigkeiten“, „Einschleusen/Ausschleusen“ und „Stolpergefahr/Anstoßgefahr“ „Beleuchtung“ und „Belüftung“ erörtert. Deshalb werden hier übergreifende Themen der Ergonomie im OP angesprochen.

Der Operationsbereich in Kliniken ist ein besonders sensibler Bereich. Bei einer Befragung sehen 97 Prozent der Chirurginnen und Chirurgen sowie OP-Pflegekräfte die Notwendigkeit, den OP ergonomisch zu optimieren (Martens et al. 2006). Einem optimalen Ablauf des Eingriffs inklusive Narkose und der Minimierung jeden Infektionsrisikos für die Patientin bzw. den Patienten sowie ökonomischen Aspekten werden andere Anforderungen z. B. aus dem Arbeitsschutz oft untergeordnet. Selbstverständlich müssen alle Maßnahmen zur Prävention von Arbeitsunfällen, Berufserkrankungen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren mit der Sicherheit der Patientinnen und Patienten abgestimmt sein. Dennoch möchten wir die Aufmerksamkeit auf einige Aspekte der Mitarbeitergesundheit lenken, die häufig vernachlässigt werden.

Gefährdungen für die Gesundheit der OP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter entstehen unter anderem durch:

Standhocker im OP auf dem eine medizinisch Fachkraft steht und mit an einem operativen Eingriff arbeitet©UK NRW | BGW
  • Ungünstige Arbeitshöhen (z. B. OP-Tisch)
  • Zwangshaltungen über längere Dauer
  • Unterschiedliche Größen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Verdrehung aufgrund ungünstiger Anordnung z. B. von Monitoren
  • Halten und Heben schwerer Körperteile
  • Tragen schwerer Gegenstände wie OP-Siebe, OP-Tisch-Zubehör
  • Ziehen und Schieben von Lafetten, Betten, Transportliegen
  • Räumliche Enge um den OP-Tisch
  • Sturz- und Stolpergefahr durch Hindernisse, z. B. frei liegende Leitungen
  • Erschwerte Anforderungen aufgrund der narkotisierten Patientinnen und Patienten (keine Mithilfe möglich)
  • Klimatische Bedingungen, z. B. Luftzug (kalt und trocken)
  • Röntgenschürzen (Gewicht)

Die Ergonomie im OP ist zwingend in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Nach der Analyse der Gefährdungen sind Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, um die Gefährdungen abzustellen oder zu minimieren.


Ergonomie im OP

Maßnahmen für eine ergonomische Arbeitsumgebung im OP sollen nach der Reihenfolge

  1. technisch/baulich,
  2. organisatorisch und
  3. personenbezogen

festgelegt werden und können die folgenden Aspekte beinhalten:

1. Technische/bauliche Maßnahmen
  • Gestaltung der Verkehrswege in ausreichender Größe und unverstellt, damit Patientinnen und Patienten liegend z.B. auf OP-Lafetten transportiert werden können.
  • Sämtliche Türen öffnen selbsttätig und berührungslos.
  • Schwellen und alle Arten von Absätzen und Stufen sind zu vermeiden.
  • Frei liegende Kabel sollten nicht in die Verkehrswege und Aufenthaltsbereiche ragen. Wenn dies nicht zu vermeiden ist, gebündelt befestigen.
  • Die Lafetten lassen sich leicht schieben, haben dazu Griffe, sind höhenverstellbar und verfügen über eine Feststellbremse.
  • Einfache und übersichtliche Bedienbarkeit von Medizinprodukten.
  • Einfache Bedienbarkeit der OP-Tische.
  • Ausreichend Lagerungshilfen am OP-Tisch vorhanden.
  • Waschbecken in den Waschräumen sind höhenverstellbar oder in unterschiedlichen Höhen angebracht.
  • Ergonomische Dokumentationsarbeitsplätze stehen zur Verfügung (ggfs. eine Antirutschfolie unter das Papier zur Dokumentation).
  • Höhenverstellbare Sitzgelegenheiten und Stehhilfen stehen zur Verfügung.
  • Standsichere Fußbänke stehen in unterschiedlichen Höhen und ausreichender Standfläche zur Verfügung (Positionsänderung möglich).
  • Beleuchtung ist nicht nur in Helligkeit ausreichend, sondern auch dauerhaft leichtgängig einzustellen und auszurichten.
  • Monitore sind ergonomisch angeordnet und individuell einstellbar.
  • Höhenverstellbare Transportwagen zum Transport von Sterilgut-Sieben.
  • Gewichtsbegrenzung der Siebe auf maximal 15 Kilo.
  • Lagerung schwerer Materialien, z. B. OP-Siebe in Arbeitshöhe, Lagerung von z.B. Spüllösungen in ergonomischer Höhe.
  • Aufstiegshilfen sind standsicher und in ausreichender Anzahl vorhanden.
  • Vermeiden von Steckverbindungen über Kopf (Schulter-Nacken-Belastung).
2. Organisatorische Maßnahmen
  • Die dauerhafte Sicherstellung der o. g. technisch/baulichen Maßnahmen ist durch regelmäßige Prüfungen zu gewährleisten.
  • Betten und Lafetten werden von zwei Personen geschoben.
  • Sämtliches Material zur Vorbereitung und Durchführung von Operationen ist schnell und ergonomisch gut erreichbar platziert, z. B. OP-Tisch-Zubehör.
  • Lagerungshilfen stehen zur Verfügung und sind ergonomisch, schnell und gut erreichbar gelagert (Desinfektionsmittel zur Reinigung der Lagerungsmaterialien sind vor Ort).
  • Das OP-Personal ist in rückengerechter Arbeitsweise unterwiesen (inklusive kleiner am Arbeitsplatz umsetzbarer Übungen zur Entlastung, Stabilisierung, Korrektur der Körperhaltung).
  • Es steht ausreichend OP-Arbeitskleidung in allen Größen jederzeit zur Verfügung (zu eng behindert Bewegung, zu groß kann ein Hängenbleiben an Tischen etc. bedeuten).
3. Personenbezogene Maßnahmen
  • Die Kolleginnen und Kollegen unterstützen sich in der Umsetzung der ergriffenen Maßnahmen zur rückengerechten Arbeitsweise.
  • Die ergonomische Bedienung der medizinischen Einrichtungen ist bekannt und geübt.
  • Die bereitgestellten Hilfsmittel werden selbstverständlich genutzt.
  • Bei längerem Stehen können Ausgleichsübungen gemacht werden, die im Idealfall an die einzelnen Personen angepasst sind.
  • Das OP-Personal ist in der Lage und motiviert, die Arbeitsplätze im OP dem eigenen Bedarf anzupassen.

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