Ambulante Pflege

Die ambulante Pflege wird hier stellvertretend für alle Berufsgruppen betrachtet, die ihre Gesundheitsdienstleistung in Privatwohnungen hilfe- oder pflegebedürftiger Menschen erbringen. Ein Großteil der hier aufgeführten Aspekte ist auch auf diese Berufsgruppen (z. B. Physiotherapeutinnen und -therapeuten) übertragbar.

Grundsätzlich gelten für die ambulante Pflege die gleichen Schutzziele und Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wie in stationären Einrichtungen. Da jedoch im privaten Umfeld der zu versorgenden Menschen gearbeitet wird, muss eine Anpassung an diese Situation stattfinden.

Bezogen auf die ergonomische Arbeitsweise trifft dies insbesondere folgende Bereiche:

Arbeitsorganisation

Die Durchführung der Pflege in der Häuslichkeit ist u. a. davon gekennzeichnet, dass im Regelfall eine Person alleine tätig wird. Unternehmensleitungen müssen daher die notwendige Unterstützung für die Beschäftigten durch andere Beschäftigte sowie durch die Beschaffung benötigten Materials auch kurzfristig sicherstellen können.

Mit den zu versorgenden Menschen und ihren Angehörigen sind Vereinbarungen zu treffen, die sowohl den Versorgungsauftrag für die Dienstleistung am Menschen als auch den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beinhalten. So sollten vor oder zu Beginn der Übernahme des Pflegeauftrags mit den Betroffenen gemeinsam folgende Rahmenbedingungen beurteilt und ggf. optimiert werden: 

  • Arbeitsumgebung in der Häuslichkeit inklusive Planung und Absprache notwendiger Umgestaltungen (z. B. Entfernen von Kabeln als Stolperfallen, Schaffung ausreichender Arbeitsflächen), 
  • Ressourcen und Bewegungsabläufe der pflegebedürftigen Person, 
  • Beschaffung, Anwendung und Einsatz geeigneter Hilfsmittel (z. B. elektrisch verstellbare Pflegebetten), 
  • Unterstützung durch Angehörige der pflegebedürftigen Person.

Grundsätzlich sollten mit den zu versorgenden Menschen und Angehörigen getroffene Absprachen dokumentiert werden (z. B. in der Pflegedokumentation im Pflegevertrag). So macht die Unternehmensleitung deutlich, dass die Übernahme der häuslichen Versorgung nur in Verbindung mit Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten möglich ist.

Arbeitsplatzgestaltung

Die Optimierung des Arbeitsplatzes bleibt auch im häuslichen Umfeld der zu versorgenden Menschen Aufgabe der Unternehmensleitung. Sie ist dabei jedoch auf die enge Zusammenarbeit mit den Kundinnen und Kunden angewiesen. Dies betrifft u. a. folgende Aspekte:

  • Beseitigen von Stolperfallen (z. B. Abkleben von Teppichkanten oder herumliegenden Kabeln), 
  • Entfernen von Teppichläufern auf glattem Untergrund, 
  • Schaffen von Bewegungsraum für die Beschäftigten und den Einsatz von Hilfsmitteln, 
  • Schaffen guter Lichtverhältnisse, 
  • Ergonomische Anordnung von Arbeitsflächen für die Beschäftigten.

Viele dieser Aspekte kommen nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den pflegenden Angehörigen oder der pflegebedürftigen Person zugute. Die Vermeidung von Stolperfallen ist beispielsweise ein zentraler Bestandteil der Sturzprävention.

Verweigern die zu versorgenden Personen bestimmte notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen (z. B. Hilfsmitteleinsatz), – was ihr gutes Recht ist – und es gibt keine andere Möglichkeit, das angestrebte Schutzziel für die Beschäftigten zu erreichen, kann der Versorgungsauftrag aus Sicht von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit nicht angenommen werden. Solche Konstellationen sollten mit den Kostenträgern (z. B. Pflege- und Krankenkassen) thematisiert werden.

 

Einsatz von Hilfsmitteln

Auch wenn die Durchführung der Pflege in privater Häuslichkeit geleistet wird, ist die Unternehmensleitung in der Pflicht, sich um die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten zu kümmern. Dies ist an manchen Stellen beim Hilfsmittelmanagement komplexer und komplizierter als in einer stationären Einrichtung.

Der Einsatz und die Lagerung – insbesondere großer Hilfsmittel wie Lifter – ist in der Häuslichkeit vonseiten der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen oft mit Vorbehalten belegt. Für sie bedeutet der Einsatz eines Pflegedienstes zwar einerseits Hilfestellung, anderseits dringt der Pflegedienst auch in die Privatsphäre der Menschen ein. Oftmals sind zudem noch Veränderungen des häuslichen Wohnumfeldes notwendig. Dazu ist immer die Zustimmung der Betroffenen erforderlich.

Sich in einer solch komplexen Situation mit Rücksicht auf die Wünsche der Kundinnen und Kunden, aber auch auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu verhalten, kann für Unternehmensleitungen eine große Herausforderung sein. Dieser müssen sie sich allerdings stellen.

Es ist hilfreich, den zu versorgenden Menschen Argumente zu nennen, die diese inhaltlich nachvollziehen können. So spricht z. B. für den individuellen Einsatz von Liftern:

  • die Steigerung von Pflegequalität und -sicherheit durch die Vermeidung von Überlastungen und Sturzgefahr auf Seiten der pflegebedürftigen Person, 
  • die Erhaltung der Gesundheit und somit der kontinuierlichen Einsatzfähigkeit der pflegenden Personen.

Pflegebedürftige Personen haben z. B. nach § 40 SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz) Anspruch auf Pflegehilfsmittel und technische Hilfen, die 

  • zur Erleichterung der Pflege, 
  • zur Linderung der Beschwerden und 
  • zur selbstständigen Lebensführung dienen.

Pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen können (alleine oder mit Unterstützung z. B. ihres häuslichen Pflegedienstes) solche Hilfsmittel ohne Rezept der Hausarztpraxis beantragen. Dies sollte in enger Absprache zwischen den zu versorgenden Menschen und dem Pflegedienst geschehen. Die Unternehmensleitung muss sicherstellen, dass alle notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Insofern dient die Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen in diesem Bereich auch zugleich dem betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Zu beachten ist hier, dass 

  • das ausgesuchte Hilfsmittel für den geplanten Bewegungsablauf passend und sinnvoll ist, 
  • die Handhabung des Hilfsmittels durch die Beschäftigten im Rahmen gesetzlich vorgeschriebener Unterweisungen vor Nutzung eingeübt werden kann und 
  • die pflegebedürftige Person langsam an das Hilfsmittel gewöhnt wird und den Einsatzzweck verstehen kann. 
  • Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein Anspruch auf Transferhilfsmittel über die gesetzliche Krankenversicherung bestehen. Dann ist jedoch ein Rezept des Hausarztes nötig.
Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG

Auch in der Häuslichkeit der zu versorgenden Menschen liegt die Verantwortung für eine sichere Arbeitsplatzgestaltung bei Ihnen als Leitung.

Treffen Sie Absprachen mit den zu versorgenden Menschen und dokumentieren Sie diese Absprachen.

Das ist wichtig für Sie als BESCHÄFTIGTE
Auch in der Häuslichkeit der zu versorgenden Menschen sind die Vorgaben der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes einzuhalten.

Der vorstehende Text basiert in großen Teilen auf der DGUV Information 207-010 „Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege – Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen“.

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