Chirurgischer Eingriff ©UK NRW | BGW
Stand: 07/2018

NA Chirurgische Eingriffe

Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsschutz

Typische Gefährdungen sind:

  • Verletzungsgefahr
    • Verletzungen durch Nadelstichverletzungen (NSV)
    • Stolper-, Sturz- und Rutschgefahr durch nasse Fußböden, unebenen Untergrund oder Stolperstellen
    • Verbrennungsgefahr, z. B. beim Operieren mit Lasern
  • Infektionsgefahr
  • Exposition gegenüber Anästhetika
  • Exposition gegenüber Rauchgasen (Laser- und HF-Chirurgie)
  • Lärm

In der Notaufnahme ist das Personal zahlreichen Gefährdungen ausgesetzt (Dorevitch und Forst 2000; Dropkin et al. 2015; Ramsay et al. 2006; Somville et al. 2016). Zu den Risiken zählt die Exposition gegenüber Anästhesie- und Rauchgasen, Strahlung, Lärm und Infektionserregern. Hinzu kommt die ungünstige Körperhaltung beim Operieren oder bei der Sonografie. Darüber hinaus sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit gewaltbereiten Patientinnen und Patienten konfrontiert (Fernandes et al. 1999; Gates et al. 2006; Kowalenko et al. 2012; Ohlbrecht et al. 2009). Nicht zu vernachlässigen sind der Zeitdruck in überfüllten Notaufnahmen und die hohe Verantwortung gegenüber den Patientinnen und Patienten.

Verletzungsgefahr

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Stich- und Schnittverletzungen zählen zu den häufigsten Verletzungen im OP. Diese können beim Anreichen oder Zurücklegen von spitzen und scharfen Gegenständen (Instrumenten) entstehen. Im Bereich der Unfallchirurgie besteht Verletzungsgefahr durch die Verwendung von spitzen Drähten oder Bohrern (Hölscher et al. 2016).

Als Schutzmaßnahmen sind vor allem technische Maßnahmen zu beachten wie die Verwendung von Sicherheitsgeräten und die sachgerechte Nutzung geeigneter Abwurfbehälter. Zu organisatorischen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zählen die Vermeidung von Zeitdruck und das Erstellen von Sicherheitshinweisen für die Übergabe der Instrumente nach klar definierten Regeln. Das Befolgen der Sicherheitsanweisungen und das Tragen von Schutzhandschuhen (ggf. doppelt) sind persönliche Schutzmaßnahmen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befolgen müssen.

Die Unfallkasse Berlin beschreibt in einem Abschlussbericht zur Sicherheit und Gesundheit im OP ausführlich diese Schutzmaßnahmen (Zschernack et al. 2004).

Quellen:

Unter anderem sind neben der Verwendung von Sicherheitsgeräten als geeignete Schutzmaßnahmen zu nennen:

  • Nach Möglichkeit Verwendung von Einweginstrumenten
  • Verwendung von Schutzkappen bis zum eigentlichen Gebrauch (jedoch kein Recapping!)
  • Beachtung der Sicherheitshinweise für die sichere Instrumentenübergabe
  • Verwendung sicherer Abwurfbehälter unmittelbar nach Gebrauch

Spitze und scharfe Instrumente wie Wundhaken, Redonspieße, Backhausklemmen, Scheren etc. sind vom OP-Personal in der Mitte des Siebes oder in separaten Nierenschalen abzulegen, damit das Sieb gefahrlos gefasst werden kann.

Einweginstrumente (Kanülen, Skalpelle) im OP sind in Abwurfbehälter zu entsorgen. Versehentlich auf dem Sieb abgeworfene Einweginstrumente gefährden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralsterilisation.


Persönliche Schutzausrüstung (PSA):

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Handschuhe tragen beim Umgang mit spitzen und scharfen Instrumenten wie Kanülen, Stechhilfen, Skalpellen.

Anwendung doppelter Handschuhe bei:

  • Operationen im beengten Raum
  • Operationen an Knochen

Handschuhwechsel

  • Etwa alle 2 Stunden
  • Grundsätzlich Handschuhwechsel bei Verdacht auf Perforation

Nach Möglichkeit Handschuhe mit Indikatorfunktion nutzen.

Beim zu erwartenden Freiwerden größerer Blutmengen sollten möglichst flüssigkeitsdichte Schürzen getragen werden.

Atemschutz (partikelfilternde Masken der Schutzklassen FFP2 oder FFP3) sowie Schutzbrillen sind erforderlich, wenn mit Aerosolbildung oder Verspritzen von Blut, Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen zu rechnen ist (z. B. Bronchoskopie, Intubation, Absaugen).

Infolge der Verletzungen an spitzen bzw. scharfen Gegenständen während der OP besteht die Gefahr der Übertragung von Infektionserregern. Durch die Verwendung von Sicherheitsgeräten kann die Verletzungsgefahr verringert werden (siehe oben). Zu den Arbeitsschutzmaßnahmen gehören darüber hinaus in diesem Fall zum einen das Angebot einer Schutzimpfung gegen Hepatitis B im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie die Möglichkeit der Postexpositionsprophylaxe nach einem Unfallereignis (Darius et al. 2013; Wicker et al. 2014; Wicker et al. 2008). Der Arbeitsschutz beim Umgang mit Infektionserregern ist in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA), insbesondere der TRBA 250, ausführlich festgelegt.

Ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht durch Stolpern über auf dem Boden liegende Leitungen und Kabel und Ausrutschen auf nassen Fußböden. Letztere entstehen zum Beispiel durch ausgelaufenes Desinfektionsmittel oder tropfende Infusionslösungen. Als Arbeitsschutzmaßnahmen kommen hier vor allem die Verwendung von Kabelkanälen oder die Leitungsführung über Deckenampeln infrage. Bodenwellen sollten vermieden werden. Ausgelaufene Flüssigkeiten sind unmittelbar aufzuwischen.

Bei der Verwendung von Lasern besteht bei unsachgemäßem Gebrauch Verbrennungsgefahr sowie eine erhebliche Gefährdung der Augen. Neben anderen Schutzmaßnahmen (z. B. geeignete Abschirmungen, Warnleuchten, reflexionsarme Oberflächen) ist insbesondere auf eine ausreichende Anzahl intakter und für die verwendete Wellenlänge geeigneter Laserschutzbrillen zu achten.


Anästhesie- und Rauchgase

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Infolge von Leckagen oder bei Diskonnektion der Narkosegaszufuhr von der Patientin bzw. vom Patienten kann es zum Austreten von Anästhesiegasen kommen. Diese Gase werden eingeatmet, was zu Gesundheitsstörungen führen kann (Boeckelmann et al. 2013; Burm 2003; Casale et al. 2014).

Durch den Einbau von raumlufttechnischen Anlagen bzw. durch aktive Absaugvorrichtungen kann die Anästhesiegaskonzentration im OP und in Eingriffsräumen gering gehalten werden (Rüegger et al.).

Bei thermischer Behandlung mit Elektrokautern, Laserstrahlung oder Ultraschallskalpellen entstehen Rauchgase. Diese enthalten verschiedene partikelförmige und gasförmige Stoffe zellulären Ursprungs, die beim Einatmen die Gesundheit des OP-Personals beeinträchtigen können. Eine effektive Rauchabsaugung ist als technische Schutzmaßnahme zu bevorzugen. Persönliche Schutzmaßnahmen wie das Tragen von FFP2- oder FFP3-Masken sind erst in zweiter Linie zu empfehlen, wenn Absaugvorrichtungen nicht vorhanden sind bzw. nicht genutzt werden können (Unfallkasse Berlin).

Lärm

Lärm im OP wird unter anderem durch diverse medizinische Geräte, durch Mitarbeitergespräche oder auch durch Funkempfänger („Pieper“) hervorgerufen (Ginsberg et al. 2013; Hasfeldt et al. 2010). Während des Operierens kann auch durch herunterfallende Instrumente Lärm in nicht unbeträchtlicher Höhe erzeugt werden. Ebenso verursacht der Transport von metallischen Behältern auf Metallwagen Lärm.

Um Beeinträchtigungen durch Lärmeinwirkung zu vermeiden, muss der Lärm an der Quelle reduziert werden. Das kann durch die Beschaffung leiserer Maschinen geschehen oder durch optimierte Einstellung von Alarmfunktionen (Graham und Cvach 2010). Durch Dämpfung an den Metallwagen mittels Silikonunterlagen kann der Transportlärm gesenkt werden (Hölscher et al. 2016).


Boeckelmann, I.; Sammito, S.; Meyer, F. (2013): Arbeitsbelastung durch Anästhesiegase und chirurgische Rauchgase und Schutzmaßnahmen im chirurgischen Operations(OP-)bereich - was der Chirurg wissen sollte. In: Zentralbl Chir 138 (1), S. 94–103. DOI: 10.1055/s-0032-1328179.

Burm, Anton G.L. (2003): Occupational hazards of inhalational anaesthetics. In: Best Practice & Research Clinical Anaesthesiology 17 (1), S. 147–161. DOI: 10.1053/bean.2003.0271.

Casale, Teodorico; Caciari, Tiziana; Rosati, Maria Valeria; Gioffrè, Pier Agostino; Schifano, Maria Pia; Capozzella, Assunta et al. (2014): Anesthetic gases and occupationally exposed workers. In: Environ Toxicol Pharmacol 37 (1), S. 267–274. DOI: 10.1016/j.etap.2013.12.003.

Darius, S.; Meyer, F.; Boeckelmann, I. (2013): Arbeitsmedizinische Aspekte in der Allgemein-(Viszeral-)Chirurgie - Infektionsgefährdung durch Nadelstichverletzungen (was der Chirurg wissen sollte). In: Zentralbl Chir 138 (1), S. 88–93. DOI: 10.1055/s-0032-1315202.

Dorevitch, Samuel; Forst, Linda (2000): The occupational hazards of emergency physicians. In: The American journal of emergency medicine 18 (3), S. 300–311. DOI: 10.1016/S0735-6757(00)90125-6.

Dropkin, Jonathan; Moline, Jacqueline; Power, Paul M.; Kim, Hyun (2015): A qualitative study of health problems, risk factors, and prevention among Emergency Medical Service workers. In: Work (Reading, Mass.) 52 (4), S. 935–951. DOI: 10.3233/WOR-152139.

Fernandes, Christopher M.B.; Bouthillette, France; Raboud, Janet M.; Bullock, Linda; Moore, Catherine F.; Christenson, James M. et al. (1999): Violence in th e emergency department: a survey of health care workers. In: CMAJ 161 (10), S. 1245–1248. Online verfügbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1230785/pdf/cmaj_161_10_1245.pdf, zuletzt geprüft am 31.08.2017.

Gates, Donna M.; Ross, Clara Sue; McQueen, Lisa (2006): Violence against emergency department workers. In: The Journal of emergency medicine 31 (3), S. 331–337. DOI: 10.1016/j.jemermed.2005.12.028.

Ginsberg, Steven H.; Pantin, Enrique; Kraidin, Jonathan; Solina, Alann; Panjwani, Sahani; Yang, Guang (2013): Noise Levels in Modern Operating Rooms During Surgery. In: Journal of Cardiothoracic and Vascular Anesthesia 27 (3), S. 528–530. DOI: 10.1053/j.jvca.2012.09.001.

Graham, Kelly Creighton; Cvach, Maria (2010): Monitor alarm fatigue. Standardizing use of physiological monitors and decreasing nuisance alarms. In: American journal of critical care : an official publication, American Association of Critical-Care Nurses 19 (1), 28-34; quiz 35, zuletzt geprüft am 20.12.2017.

Hasfeldt, Dorthe; Laerkner, Eva; Birkelund, Regner (2010): Noise in the Operating Room—What Do We Know? A Review of the Literature. In: Journal of PeriAnesthesia Nursing 25 (6), S. 380–386. DOI: 10.1016/j.jopan.2010.10.001.

Hölscher, U.; Laurig, W.; Lindenthal, M.; Hoffmeier, N. (2016): Sicherer Umgang mit Medizinprodukten in Kliniken. 1. Aufl. Landsberg: ecomed Medizin.

Kowalenko, Terry; Cunningham, Rebecca; Sachs, Carolyn J.; Gore, Robert; Barata, Isabel A.; Gates, Donna et al. (2012): Workplace violence in emergency medicine. Current knowledge and future directions. In: The Journal of emergency medicine 43 (3), S. 523–531. DOI: 10.1016/j.jemermed.2012.02.056.

Ohlbrecht, H.; Bartel, S.; Kardorff, E. von; Streibelt, M. (2009): Gewalt in der Notaufnahme. In: Praev Gesundheitsf 4 (1), S. 7–14. DOI: 10.1007/s11553-008-0146-9.

Ramsay, Jim; Denny, Frank; Szirotnyak, Kara; Thomas, Jonathan; Corneliuson, Elizabeth; Paxton, Kim L. (2006): Identifying nursing hazards in the emergency department. A new approach to nursing job hazard analysis. In: Journal of safety research 37 (1), S. 63–74. DOI: 10.1016/j.jsr.2005.10.018.

Rüegger, Martin; Jost, Marcel; Meier, Alexander; Knutti, Rudolf; Schlatter, Christian: Umgang mit Anästhesiegasen. Gefährdung, Schutzmaßnahmen. SUVA: Schweizerische Unfallversicherungsanstalt. Online verfügbar unter http://www.sohf.ch/Themes/Operation/2869_29_D.pdf, zuletzt geprüft am 27.05.2015.

Somville, Francis J.; Gucht, Véronique de; Maes, Stan (2016): The impact of occupational hazards and traumatic events among Belgian emergency physicians. In: Scandinavian journal of trauma, resuscitation and emergency medicine 24, S. 59. DOI: 10.1186/s13049-016-0249-9.

Unfallkasse Berlin: Richtig gekleidet - gut geschützt im OP. Tipps & Tricks für die Praxis. Online verfügbar unter http://www.unfallkasse-berlin.de/fileadmin/user_data/service/broschueren/informationen-fur-beschaftigte-in-den-betrieben/krankenhaus_und_op_personal/uk_broschuere_richtig_gekleidet_gut_geschuetzt_im_op.pdf, zuletzt geprüft am 15.11.2017.

Wicker, S.; Walcher, F.; Wutzler, S.; Stephan, C.; Marzi, I. (2014): Best practice for needlestick injuries. In: European journal of trauma and emergency surgery : official publication of the European Trauma Society 40 (2), S. 151–158. DOI: 10.1007/s00068-014-0376-9.

Wicker, Sabine; Cinatl, Jindrich; Berger, Annemarie; Doerr, Hans W.; Gottschalk, René; Rabenau, Holger F. (2008): Determination of risk of infection with blood-borne pathogens following a needlestick injury in hospital workers. In: The Annals of occupational hygiene 52 (7), S. 615–622. DOI: 10.1093/annhyg/men044.

Zschernack, S.; Göbel, M.; Friesdorf, W.; Gödecke, K.; Penth, S.; Reschke, R. (2004): SiGOS - Sicherheit und Gesundheit im Operationssaal. Abschlussbericht. Online verfügbar unter www.unfallkasse-berlin.de, zuletzt geprüft am 20.11.2015.

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