Gewaltprävention | Deeskalation
GP Vorrang der Deeskalation

Im Gesundheitsdienst kann es bei vielen Gelegenheiten zu Auseinandersetzungen zwischen Patienten, Bewohnern oder Angehörigen einerseits und Mitarbeitern andererseits kommen. Die Konfliktlösung muss in einer Art und Weise stattfinden, die eine weitere therapeutische Zusammenarbeit ermöglicht. Die Deeskalation steht dabei an erster Stelle und ist meist auch ausreichend. Der Vorrang der Deeskalation vor allen anderen Maßnahmen bedeutet jedoch nicht, dass im Notfall – und nur im Notfall – keine körperlichen Interventionen oder gar Zwangsmaßnahmen angewendet werden dürfen.

Eine Situation, die zu eskalieren droht, richtig einzuschätzen ist für die Pflegekraft der erste Schritt zur Deeskalation. 

Die folgenden Fragen können bei der Einschätzung helfen:

  • Wodurch wird das aggressive Verhalten ausgelöst?
  • Kann der Auslöser gezielt bearbeitet werden (Kann ich beispielsweise den geäußerten Bedürfnissen des Patienten entgegenkommen)?
  • Wie sieht die emotionale Verfassung des Aggressors aus (Erregungsniveau)?
  • Traue ich mir zu, die Situation zu deeskalieren?
  • Kann ich eine Beziehung zum Aggressor aufbauen?
  • Lässt sich das Erregungsniveau des Patienten beeinflussen?
  • Wie kann das Angriffsziel (Person oder Sache) geschützt werden?
  • Hat der Patient die Möglichkeit, Waffen anzuwenden (im weitesten Sinne: auch Mobiliar, Flaschen, Glasscherben usw.)?
  • Ist Publikum vorhanden, das sich mit dem Aggressor solidarisieren könnte?
  • Gibt es Rückzugsmöglichkeiten?
  • Sind Kollegen in der Nähe, die helfen können?    
  • Ist es zulässig, den Patienten mit seiner aggressiven Erregung allein zu lassen?
  • Sind meine Körperhaltung und mein Auftreten angemessen?
  • Welche Kommunikationsstrategien sind geeignet (sprachlich, mimisch, gestisch, Nähe und Distanz, Körperkontakt?)

Die adäquate Einschätzung der Situation setzt das Wissen um die Entstehung und mögliche Folgen von Aggression voraus und erfordert viel Erfahrung. Dieses Wissen und das Selbstbewusstsein, d.h. das Vertrauen in sich selbst, dass man die Situation in den Griff bekommt, sind von zentraler Bedeutung bei der Deeskalation. Unsicherheiten werden vom Gegenüber häufig erkannt und ausgenutzt. Jüngere Mitarbeiter laufen zudem häufiger Gefahr, Situationen nicht richtig einzuschätzen, überschätzen gelegentlich ihre Fähigkeiten zur Konfliktlösung und lassen sich allein auf Situationen ein, die gemeinsam besser zu bewältigen sind.

Der hier verwendeten Texte und Medien wurden aus der DVD „Risiko Übergriff – Konfliktmanagement im Gesundheitsdienst“ (Stand: 2010) entnommen.

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