Nadel sticht in den Arm ©UK NRW | BGW
Stand: 08/2024

Patientenzimmer | Tätigkeiten
P Blutentnahme

Blutentnahme

Bei der Blutentnahme kann es  beispielsweise durch Mikroverletzungen auf der Haut, Blut-Spritzern ins Auge oder andere Schleimhäute oder durch Schnitt- oder Stichverletzungen an benutzten Instrumenten zu Blutkontakten kommen. Diese werden als Nadelstichverletzungen bezeichnet und stellen eine erhebliche Infektionsgefahr dar.

Durch direkte Blut-zu-Blut - Kontakte können alle bekannten Infektionserreger übertragen werden.

Besonders gefährlich sind Infektionen mit

  • dem Hepatitis-B-Virus (HBV), 
  • dem Hepatitis-C-Virus (HVC) und dem
  • HI-Virus (HIV, AIDS-Erreger)

Sicherer Transport von Blutproben innerhalb des Krankenhauses

Für den Transport von Blutproben innerhalb des Hauses zum Labor sollten geschlossene bruchsichere Transportbehälter genutzt werden.

Sicherheitsgeräte

Die Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 schreibt für zahlreiche Tätigkeiten im Gesundheitsdienst die Verwendung von Sicherheitsgeräten (Instrumenten mit integriertem Sicherheitsmechanismus) verbindlich vor.

Die Blutentnahme gehört zu den ausdrücklich genannten Tätigkeiten, bei denen der Einsatz von Sicherheitsgeräten vorgeschrieben ist. Konkret heißt es in der TRBA 250:

„Um Beschäftigte vor Verletzungen mit spitzen oder scharfen medizinischen Instrumenten zu schützen, sind diese Instrumente […] soweit nach dem Stand der Technik möglich, durch geeignete  Arbeitsgeräte mit Sicherheitsmechanismus (Sicherheitsgeräte) zu ersetzen, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- oder Schnittverletzungen besteht” (TRBA 250, Ziffer 4.2.4.)

Weiterhin dürfen

  • die Unterweisung der Arbeitnehmer,
  • die Einweisung in die Handhabung der Instrumente,
  • das Bereitstellen geeigneter Kanülenabwurfbehälter direkt am Anwendungsort und das direkte Entsorgen unmittelbar nach der Verwendung

nicht vernachlässigt werden.

 


 

Die Handhabung dieser Instrumente mit Nadelschutzmechanismus unterscheidet sich in der Regel etwas von der Handhabung konventioneller Instrumente. Deswegen ist es notwendig, den Umgang mit sicheren Instrumenten vor der Benutzung zu üben. Beispielsweise wird bei vielen Systemen durch eine Daumenbewegung ein Schutzschild auf die zuvor benutzte Kanülenspitze geschoben oder „geklickt”. Die Aktivierung des Sicherheitsmechanismus muss irreversibel sein, eine erneute Benutzung der Instrumente also zuverlässig ausschließen.

Sollten trotz sorgfältiger durchgeführter Schulung bei der Anwendung neuer Produkte Probleme auftreten, empfehlen wir Ihnen, diese direkt dem Hersteller und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mitzuteilen.

Sichere Entsorgung

Fast die Hälfte aller gemeldeten Nadelstichverletzungen ereignet sich bei der Entsorgung von benutzten Instrumenten!

Durch einfache Maßnahmen lassen sich diese Unfälle leicht reduzieren:

  • Bereitstellung geeigneter Kanülen-Abwurfbehälter, die hinsichtlich Größe, Abwurföffnung und Abstreifvorrichtungen auf das Entsorgungsgut abgestimmt sind (z. B. für  Pen-Kanülen)
  • Direkte Entsorgung der benutzten Instrumente ohne Zwischenablage
  • Strikte Einhaltung des „Recapping”-Verbotes
  • Beachtung der maximalen Füllhöhe der Kanülenabwurfbehälter
  • Rechtzeitiger Austausch der Kanülenabwurfbehälter

 


 

 

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Persönliche Schutzausrüstung steht nach dem STOP-Prinzip (Substitution, Technische Schutzmaßnahmen, Organisatorische Schutzmaßnahmen, Personenbezogene Schutzmaßnahmen) am Ende der Kette der festzulegenden Maßnahmen und ist nur anzuwenden, wenn die höherrangigen Maßnahmen keinen ausreichenden oder zuverlässigen Schutz bieten. Bei der Blutentnahme gehört der Einsatz von PSA aber zu den notwendigen Schutzmaßnahmen.

Zum Schutz vor Infektionsgefahren werden häufig folgende Schutzausrüstungen eingesetzt: 

  • Schutzhandschuhe,
  • Mund- und Atemschutz, 
  • Schutzkleidung,
  • Schutzbrillen und Visiere

verwendet.

Bei der Auswahl der PSA ist der Übertragungsweg von entscheidender Bedeutung:

  • Zum Schutz vor Tröpfcheninfektionen gelten Atemschutzmasken als wirksamste PSA.
  • Hautkontakt mit Blut oder anderen infektiösen Materialien kann durch medizinische Einmalhandschuhe wirksam verhindert werden. Schutzbrillen und Visiere verhindern Blutspritzer ins Gesicht und insbesondere in die Augen
Hände mit Handschuhen desinfizieren den Arm©UK NRW | BGW

Medizinische Einmalhandschuhe können  scharfen Kanülen keinen Widerstand entgegensetzen. Da aber auch oberflächliche Blutkontakte vorkommen und bereits sehr kleine Hautverletzungen an Händen Eintrittspforten für Infektionserreger darstellen, sind Handschuhe zum Schutz vor Infektionen unumgänglich. Tragen Sie daher immer Schutzhandschuhe, wenn Sie Injektionen verabreichen oder Blut abnehmen!

Kein Recapping

Stecken Sie niemals die Kanülenkappe wieder auf die gebrauchte Kanüle auf!

Handschuhe halten eine Nadelspitze und es gibt ein großes X, welches es durchstreicht©UK NRW | BGW

Eine Vielzahl von gefährlichen Nadelstichverletzungen ereignet sich auf diese Weise. Achten Sie bitte auch bei Ihren Kollegen darauf, dass Recapping nicht mehr praktiziert wird, und informieren Sie alle Mitarbeiter über die damit verbundenen Gefahren.

Nutzen Sie zur Entsorgung von gebrauchten Kanülen (und anderer spitzer und scharfer Instrumente) auf jeden Fall die dafür vorgesehenen Kanülenabwurfbehälter.

Ihre gesetzlichen Unfallversicherer haben zu diesem Thema ein Informationsfaltblatt erstellt. Beachten Sie bitte, dass beidhändiges Recapping auch bei Insulinpens verboten ist!

Beachten Sie, dass auch das „einhändige“ Recapping unter Verwendung von Schutzkappenhaltern nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt ist, z.B. in der Zahnheilkunde. Insbesondere für die Blutentnahme, erfüllen Schutzkappenhalter zum einhändigen Recapping nicht die Anforderungen der TRBA 250.

Arbeitsorganisation

Die Ursachen für Nadelstichverletzungen sind vielfältig. Eine wichtige Einflussgröße ist die Arbeitsorganisation.

Der Begriff der Arbeitsorganisation beinhaltet Merkmale wie beispielsweise Arbeitsvorbereitung, Festlegungen der Arbeitsabläufe, Information und Kenntnisstand der Mitarbeiter und die Gestaltung der Arbeitsumgebung.

Folgende Grundüberlegungen sollten stets beachtet werden:

  • Sorgfältig durchdachte und geplante Arbeitsabläufe mindern das Verletzungsrisiko erheblich! Bereiten Sie sich und Ihre Mitarbeiter gut vor!
  • Alle Beteiligten müssen über die sichere Handhabung und Entsorgung der Instrumente informiert sein!
  • Stellen Sie sicher, dass geeignete Kanülenabwurfbehälter möglichst in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes vorhanden sind!
  • Schenken Sie Berufsanfängern besondere Aufmerksamkeit und unterstützen Sie diese!
  • Überlegen Sie, wie Sie Ihren Arbeitsplatz für sich und andere sicher gestalten können!
  • Vermeiden Sie Zeitdruck und Unterbrechungen bei Tätigkeiten mit Infektionsgefahr

Arbeitsmedizinische Vorsorge

In Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen muss der Arbeitsgeber bei Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann, insbesondere bei Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr oder Gefahr von Verspritzen und Aerosolbildung, hinsichtlich

  • Hepatitis-B-Virus (HBV) oder 
  • Hepatitis-C-Virus (HCV);

muss der Arbeitgeber für alle gefährdend tätigen Beschäftigten eine arbeitsmedizinische Vorsorge veranlassen. Die Durchführung dieser Pflichtvorsorge (§4 ArbMedVV) vor Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen (derzeit 3 Jahre) ist Beschäftigungsvoraussetzung. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn der oder die Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilgenommen hat.

Impfungen sind Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge und den Beschäftigten anzubieten, soweit das Risiko einer Infektion tätigkeitsbedingt und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht ist. Dies gilt nicht, wenn der oder die Beschäftigte bereits über einen ausreichenden Immunschutz verfügt.

Impfungen schützen Sie

Arm wird gespritzt©pixabay.com

Nutzen Sie auf jeden Fall das Angebot der für jeden gefährdeten Arbeitnehmer kostenlosen Hepatitis-B-Schutzimpfung! Sie ist der wirksamste Schutz vor einer Hepatitis-B-Virus- Infektion. Da man sich mit Hepatitis D nur dann anstecken kann, wenn gleichzeitig auch eine Hepatitis B vorliegt, schützt die Hepatitis-B-Impfung auch vor einer Infektion mit Hepatitis- D-Viren.

Grundsätzlich sollten alle Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen, Rettungsdiensten, ambulanten Pflegediensten und vergleichbaren Einrichtungen das Impfangebot nutzen.

Die Gefährdungsbeurteilung kann auch zu dem Ergebnis führen, dass z. B. auch das Reinigungspersonal, Hausmeister, das technische Personal sowie Beschäftigte in den Wäschereien und der Küche zum Kreis der gefährdeten Personen gehören. In diesem Fall muss auch für diesen Personenkreis die Arbeitsmedizinische Vorsorge veranlasst und in deren Rahmen ein Impfangebot unterbreitet werden.

Bei Fragen zu Impfungen wenden Sie sich an Ihren Betriebsarzt.

Barrierefunktion der Haut

Infektionserreger können sich im Blut und in anderen Körperflüssigkeiten befinden. Die menschliche Haut ist ein wirksames Hindernis für Infektionserreger – solange sie intakt ist. Allerdings ist unsere Haut im beruflichen Alltag erheblichen Belastungen ausgesetzt, beispielsweise durch mechanische Beanspruchung oder durch Einwirkungen verschiedener Chemikalien. Die mögliche Folge sind Defekte im Säureschutzmantel der Haut, Rissbildungen oder auch kleinste Verletzungen („Mikroläsionen”), die Eintrittspforte für Infektionserreger sein können. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Barrierefunktion der Haut zu erhalten!

Zum Schutz der Haut ist Folgendes zu beachten:

  • Handschuhe nur so lange wie nötig tragen.
  • Auf unnötiges Händewaschen verzichten. In der Regel genügt es, nach Patientenkontakten die Hände zu desinfizieren.
  • Bereitstellung der notwendigen Hautschutz- und Hautpflegeprodukte.
  • Verwendung der Hautschutzmittel vor und während der Arbeit sowie der Hautpflegeprodukte nach der Arbeit.
  • Information über die richtige Anwendung der notwendigen Hautschutz- und Hautpflegemittel durch einen gut sichtbar ausgehangenen Hautschutzplan (und ggf. Handschuhplan).

Kompetenter Ansprechpartner bei Fragen zum Thema Hautschutz ist Ihr Betriebsarzt.

Ihre gesetzlichen Unfallversicherer haben zum Thema „Hautkrankheiten und Hautschutz“ diese Broschüre (PDF) erstellt.

Maßnahmen nach Unfällen mit Blutkontakt

Kommt es trotz aller präventiver Maßnahmen zu Unfällen mit Blutkontakt, insbesondere zu Nadelstichverletzungen, sind eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um das Infektionsrisiko zu reduzieren.

Sofortmaßnahmen:

  • Verletzung mit offener Wunde: Blutfluss fördern, aber nicht drücken, dann gut ausspülen mit fließend Wasser oder steriler Kochsalzlösung und/oder desinfizieren oder Wundspülung benutzen; größere Wunden mit steriler Auflage abdecken
  • Kontamination der Haut: intensive Desinfektion
  • Kontamination der Schleimhäute oder des Auges: intensive Spülung mit nächstmöglich Erreichbarem: Wasser oder isotonische Kochsalzlösung sobald möglich: Eintrag ins Verbandbuch
  • Betroffene sollten dann umgehend eine durchgangsärztliche Praxis aufsuchen. In großen Einrichtungen besteht meist die Möglichkeit, zur Betriebsärztin, zum Betriebsarzt oder in die Notfallambulanz zu gehen.

(Quelle: BGW)

Weitere Hinweise finden Sie in der Schrift Stich- oder Schnittverletzungen - Leitfaden zum Vorgehen bei potenziell infektiösen Verletzungen oder Kontaminationen (BGW 09-20-002).

Nachsorge:

Für die Nachsorge gibt es gemeinsame Empfehlungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und den Unfallkassen (UK) Berlin, Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg):
Empfehlungen zur Nachsorge von Stich- und Schnittverletzungen mit infektiösem Material

Dokumentation und Analyse

Nach TRBA 250 hat der Arbeitgeber ein innerbetriebliches Verfahren zur lückenlosen Erfassung von Unfällen zu etablieren. Insbesondere sind alle Nadelstichverletzungen und sonstige Haut- oder Schleimhautkontakte zu potenziell infektiösem Material zu dokumentieren und der vom Arbeitgeber benannten Stelle zu melden.

Diese Daten sind nach § 11 Absatz 5 BioStoffV unter der Fragestellung technischer oder organisatorischer Unfallursachen auszuwerten und Abhilfemaßnahmen sind festzulegen. Die Beschäftigten und ihre Vertretungen sind über die Ergebnisse zu informieren, hierbei sind individuelle Schuldzuweisungen zu vermeiden.

Hinweis 1: Die TRBA 250 enthält in ihren Anhängen ein Beispiel für einen „Erfassungs- und Analysebogen Nadelstichverletzung“, der zum Zweck der Erfassung genutzt werden kann.

Hinweis 2: Für BGW-Mitgliedbetriebe steht zudem ein Online-Fragebogen zur Erfassung und Dokumentation von Arbeitsunfällen mit Blutkontakt zur Verfügung.

Webcode: w527