Rückenbelastung
Stand: 05/2014

P Rückenbelastung

Arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) gehören mit zu den häufigsten Erkrankungen von Beschäftigten im Bereich der Pflege.

Zur Prävention von Rückenerkrankungen in der Pflege empfiehlt sich eine systematische Vorgehensweise. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen die körperlichen Belastungen unter Berücksichtigung  folgender Aspekte ermittelt werden:

Art der rückengefährdenden Tätigkeiten (z. B. Liegendtransfer, Transfer im Sitzen, "Bewegen Richtung Kopfende" im Bett)

  • Gewicht des Patienten
  • Häufigkeit der einzelnen Tätigkeiten
  • Mobilitätsgrad bzw. Hilfsbedürftigkeit der Patienten (Ressourcen)
  • Qualifikation der Beschäftigten, z. B. in Kinästhetik oder Bobath, Anwendung der Hilfsmittel
  • Größe der Bewegungsflächen zur Gewährleistung rückengerechter Arbeitsweisen (Patientenzimmer und Nasszelle)
  • Benötigte technische und kleine Hilfsmittel, sowie die Ausstattung mit elektrisch höhenverstellbaren Betten

Aus der Analyse des Ist-Zustandes im Vergleich zum Sollzustand ergibt sich der Bedarf an Präventionsmaßnahmen.

Unter anderem beim "Bewegen Richtung Kopfende" von Patienten im Bett mit einem Gewicht von  60 bis 85 kg im Bett, treten ohne den Einsatz von Hilfsmitteln oder einer kinästhetischen Arbeitsweise zu hohe Rückenbelastungen auf. Diese lassen sich durch den Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln (beim "Bewegen Richtung Kopfende" z. B. der Gleitmatte) stark reduzieren (Forschungsstudie, "Lendenwirbelsäulenbelastung durch Patiententransfers).

Die Gewährleistung einer rückengerechten Arbeitsgestaltung erfordert ein wirksames aufeinander abgestimmtes Konzept mit folgenden Maßnahmen:

  • Festlegung der zu beschaffenden technischen und kleinen Hilfsmittel auf Grundlage der ermittelten Tätigkeiten
  • Bereitstellung der benötigten Hilfsmittel dem Bedarf entsprechend in ausreichender Stückzahl und ortsnah (möglichst im Patientenzimmer), da nur so die tatsächliche Anwendung sichergestellt werden kann
  • Planung und Durchführung der erforderlichen Schulungs- und Unterweisungsmaßnahmen zum rückengerechten Arbeiten
  • Die Schulung sollte neben der Vermittlung von Arbeitstechniken/Körperhaltung auch die richtige Auswahl der Kleidung und des Schuhwerks beinhalten. Die Einführung zusätzlicher Hilfsmittel muss durch eine Unterweisung der Pflegekräfte begleitet werden. Um den sicheren Gebrauch zu gewährleisten, ist es sinnvoll, die Schulung regelmäßig zu wiederholen und diese praktisch erproben zu lassen.
Collage aus der Hilfsmitteldatenbank©UK NRW | BGW

Eine gute Hilfestellung zum Erkennen physischer Gefährdungen bietet die CD-ROM „Rückengerechtes Arbeiten in Pflege und Betreuung. In der Hilfsmitteldatenbank werden in der Pflege und Betreuung verwendete technische und kleine Hilfsmittel für verschiedene Tätigkeiten und Patientengewichte aufgeführt.

Die Hilfsmittel müssen vom Arbeitgeber nicht nur zur Verfügung gestellt werden, sondern die Mitarbeiter sind auch im korrekten Umgang zu schulen. Hilfsmittel sind Medizinprodukte. Bei der Verwendung dürfen weder Beschäftigte noch Patienten oder Dritte gefährdet werden.

Das ist im Medizinproduktegesetz (MPG) und in der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetriebV) geregelt. Welche Pflichten die Anwender von Medizinprodukten haben und was bei der hygienischen Aufbereitung zu beachten ist, wird in den Sicheren Seiten der BGW für den Bereich Humanmedizin und in der Broschüre „Medizinprodukte – Was müssen Betreiber und Anwender tun“ der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg beschrieben. Vorkommnisse mit Medizinprodukten müssen entsprechend dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz gemeldet werden.


Neben dem Einsatz von Hilfsmitteln können rückengerechte Arbeitstechniken, wie z. B. eine kinästhetische Arbeitsweise, die Rückenbelastung erheblich verringern.

Zur Verringerung der Rückenbelastung in der Pflege ist ein ganzheitliches Vorgehen empfehlenswert.

Nach dem Arbeitsschutzgesetz gibt es eine Rangfolge der Maßnahmen. Technische Arbeitsschutzmaßnahmen haben erste Priorität, danach organisatorische und zuletzt wird am einzelnen Beschäftigten angesetzt. Beispiele für Maßnahmen nach dieser Rangfolge sind: 


1. Technische Maßnahmen

Arbeitsplatzgestaltung (z. B. höhenverstellbare Betten), bauliche Gestaltung (Barrierefreiheit, Türschwellen, Türbreiten usw.), Technische Hilfsmittel wie z. B. Lifter, Aufstehhilfen

2. Organisatorische Maßnahmen

Personalschlüssel, Dienstplangestaltung, Fortbildung und Unterweisung der Beschäftigten z. B. in rückengerechter Arbeitsweise, Anwendung von Hilfsmitteln, Arbeitsschutzorganisation (Ermittlung des Bedarfes, d. h. braucht der Patient ein Hilfsmittel? Wenn ja, welches? Wer ermittelt?), Erprobung, Beschaffung, Wartung und Pflege der Hilfsmittel

3. Personenbezogene Maßnahmen

Anwendung rückengerechter Arbeitsweise, Einsatz von Hilfsmitteln, Tragen geeigneter Kleidung und Schuhe, Training (z. B. Rücken- bzw. Entspannungstraining)

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